Freitag, 31. März 2006

Maskenball

“Oh, du hast dich ja verkleidet“, sagte er mit einem bösartigen Grinsen im Gesicht, als seine Mitbewohnerin geschminkt aus dem Badezimmer kam. “Als hübsches Mädchen...“

Ein Bund fürs Leben

Nach der Trennung von seiner Frau gab er Chiffre-Kontaktanzeigen von sich in der Zeitung auf, er ließ sich im glänzendsten Licht dastehen. Unter den Zuschriften war auch ein Brief seiner Ex-Frau. Sie schrieb, dass seine Anzeige genauso klinge, wie sie sich einen Mann vorstelle, und dass sie ihn kennenlernen wolle. Er ignorierte den Brief. Auch als er wenige Wochen darauf eine weitere Anzeige aufgab, mit anderem Text in einer anderen Zeitung, meldete sich ebenfalls wieder seine Frau.

But Don't Mention the War

Nachdem wir im Verlaufe des Abends schon alle anderen Themen durchhatten, landeten wir schließlich bei Familiengeschichte - und stellten fest, dass es ohne den Zweiten Weltkrieg keinen von uns in der Runde gegeben hätte.

Donnerstag, 30. März 2006

Sherlock H.

"Guck mal", sagte H. und deutete auf die Frau, bei der er schon den ganzen Abend über zu landen versucht hatte. "Siehst Du, was sie macht?"
"Äh, sie schreibt eine SMS?"
"Genau!" sagte er, und es klang, als hätte er damit etwas wichtiges bewiesen.
"Und?" fragte ich nach.
"Na schau mal auf die Uhr", sagte er, als wäre ich etwas begriffsstutzig. "Wie spät ist es?"
"So gegen 2 Uhr?"
"Exakt! Sie hat also einen Freund!"
"Häh?"
"Na, wenn eine Frau um 2 Uhr nachts eine SMS schreibt, dann meldet sie ihrem Freund ‚Schatz, die Party war langweilig, ich gehe jetzt nach Hause. Hab dich lieb!’“
Kurz darauf ging die Frau.

Mission: Impossible

Er war erst seit kurzem mit seiner Freundin zusammen, als sie vorschlug, gemeinsam Ski fahren zu gehen. Die Freundin war nahezu auf Brettern aufgewachsen - er hingegen war noch nie in seinem Leben Ski gefahren.
"Es ist elementar wichtig für das Fortbestehen dieser Beziehung, dass ich innerhalb eines Tages perfekt Ski fahren lerne", meinte er zu mir mit einem leicht hysterischen Unterton.
Als ich ihn nach einer Woche wiedersah, berichtete er mir erleichtert, dass er jetzt perfekt Ski fahren konnte.

Mittwoch, 29. März 2006

Mr. X and Mrs. Y

Die Betreiber der Bar hatten sich einen intellektuellen Scherz auf den Toiletten erlaubt: Statt "Herren" und "Damen" stand an den beiden Toilettentüren nur "XX" und "XY" dran.
Als ich nach dem dritten Bier schließlich davor lande, versuche ich angestrengt, mich an meinen Biologie-Unterricht zu erinnern: Männer hatten zwei X-Chromosomen und Frauen ein X und ein Y? Oder war es umgekehrt?
Während ich noch darüber nachsinne, kommt K. ebenfalls an. Er wirft einen Blick auf die Türbeschriftungen, zieht die Stirn kraus - und öffnet dann kurzentschlossen eine Tür. Er hält die Tür ein paar Sekunden lang offen und meint dann zu mir: "Ich höre kein Frauenkreischen. Du?"
Ich schüttele den Kopf. Wir gehen rein.

Swimming Pool

Er erzählte, wie sie als Teenager nachts einmal in das Freibad eingestiegen seien. Während sie sich noch ausgelassen mit Wasser bespritzten, stand auf einmal ein grauhaariger kleiner Mann zwischen ihnen und meinte:
"Kinners, was macht ihr denn hier? Habt ihr nicht die Öffnungszeiten gesehen?"
"Wer bist du denn??" wollten sie wissen.
"Ich bin hier der Bademeister."
"Ne, erzähl keinen Scheiß - du bist doch niemals hier der Bademeister!"
Statt etwas zu entgegnen, schaltete der Mann seine Taschenlampe an und leuchtete auf seine Füße. Sie folgten seinem Blick. Er trug Sandalen - und streifte sie von sich. Der Schein der Taschenlampe beleuchtete einen nackten, dunkelbraunen Fuß - dunkelbraun bis auf einen hellen weißen Streifen, wo die Sandale übergestülpt war.
"OK, alles klar: du BIST der Bademeister!!" gaben sie sich geschlagen.

Dienstag, 28. März 2006

Applied Umweltschutz

„Ach, du rauchst diese Öko-Zigaretten, die mit dem Indianer drauf“, stellte er fest. „Stirbt man da weniger schnell?“
„Ne, man stirbt genauso schnell wie bei normalen Zigaretten“, sagte sie. „Aber man ist danach vollständig biologisch abbaubar."
Sie nahm einen tiefen Zug.

Gestatten: Kent

Als er die Brille abnahm, war ich einen Moment lang verblüfft: Er hatte das Clark-Kent/Superman-Gen. Ohne Brille erkannte man ihn einfach nicht wieder

Ich war jung und brauchte das Geld

An einem Stehplatz im Tschibo stehen ein Hase und ein Harlekin zusammen, der Hase raucht, der Harlekin trinkt einen Tee. Das Angebot an attraktiven studentischen Jobs lässt wie immer zu wünschen übrig.

Vive l'Europe

Auf der Party versuchte er einen neuen Anmachtrick: Er sagte den hübschesten Frauen, das sie aussähen wie eine Erasmus-Studentin aus Paris. Gleich die erste aber entgegnete: "Mais oui! C'est vrai! Je suis parisienne!! Wo'är 'ast du das erkannt?"

Unter uns

"Hör mal, es wäre mir lieb, dass du das niemandem weitererzählst mit gestern."
"Was denn?"
"Na! Dass du mich beim Ficken überrascht hast!"
"Was?"
"Ja!"
"Ach, dann ist das wirklich passiert! Das kam mir so unwirklich vor, dass ich es wohl gleich verdrängt habe und gar nicht erst in mein Langzeitgedächtnis aufgenommen habe."

Stranger in this Town

Den ganzen Tag über besichtigte er die fremde Stadt. Und als er abends zurück zu seinen Gastgebern kam, kannte er die Stadt besser als sie, die schon seit Jahren dort wohnten.
“Nur bis zum Nordfriedhof bin ich nicht gekommen.”
“Ach, wir haben hier einen Nordfriedhof?”

Ein Colt für alle Fälle

“Der einzige Spielfilm, in dem Lee Majors je mitgespielt hat, war der mit dem Flugzeug in der Stratosphäre – 'Starflight One'", warf er nach dem dritten Bier in die Runde.
Es herrscht einen Moment verblüffte Stille. Dann nimmt sein Gesicht einen bestürzten Ausdruck an:
“Wieso weiß ich das? Wieso weiß ich sowas?“

Salz auf unserer Haut

Sie hatte so sehr gelacht, den ganzen Tag über, dass abends beim Blick in den Spiegel feststellte, dass sie Salzränder um die Augen hatte.

Make a Wish

In dem Kirchenraum, der inzwischen zu einem Museum umgebaut wurde, ist ein Mosaik freigelegt, das in den Boden eingelassen wurde. Touristen haben Münzen hineingeworfen.
“Bringt das Glück?“ frage ich die Aufsicht.
“Keine Ahnung, das hat sich so entwickelt. Die Leute schmeißen da einfach immer Münzen rein, und alle paar Tage sammeln wir sie ein. Wir können da auch nichts machen.“

Montag, 27. März 2006

From a Distance

"Lebt deine Freundin dann wenigstens in derselben Stadt wie du?"
"Ne, meine Freundin ist Italienerin, die lebt in Rom."
"Schade, ich hatte gehofft, dass es noch Leute gibt, die eine einfache Beziehung haben."
"Ne, das hat heute niemand mehr. Wenn man Glück hat, lebt der Partner zumindest in derselben Zeitzone."

Think Twice

Sie sagt, dass sie es sich gut vorstellen könnte, in einer Werbeagentur zu arbeiten, aber dann meint sie: “Irgendwie ist das aber doch komisch, ich meine, mein Vater, der baut Straßen, das ist eine ehrbare Sache, nützlich für die Gesellschaft, und ich will Leute dazu bringen, Produkte zu kaufen, die ich nicht mal selbst gebrauche?“

The Difference That Makes a Difference

“Das einzige, was mich von einem Wahnsinnigen unterscheidet“, sagte er, “ist, dass ich nicht wahnsinnig bin.“

Let's Dance

Auf dem Ball zwingt sie einen am Rande herumstehenden Mann mit ihr zu tanzen.
“Ich kann aber nicht tanzen.“
“Nix da. Ausflüchte. Wer auf einen Ball geht, kann auch tanzen. So.“
“Es geht aber wirklich nicht.“
“LOS!“
Kleinlaut kommt er mit auf die Tanzfläche. Doch nach einem Tanz will er sich wieder losmachen.
“Was? Wir haben doch kaum getanzt. Bleib schon.“
“Ja. Ich weiß, aber...“
“Kein aber!“
“...ich muss...“
“Was?“
“Auf die Bühne. Ich muss jetzt auftreten.“

That's the truth - Tell me Yours

“Hattest Du einen Orgasmus?“
“Nein.“
“Doch!“

Die dunkle Seite des Mondes

Gegen Ende ihres Lebens zog sich sich in ein ewiges Land des Lächelns zurück, das sich irgendwo tief in ihrem Kopf befand. Manchmal würde sie daraus für einen kurzen Moment auftauchen und fragen:
“Wer sind denn all die Menschen hier? Ich kenne ja niemanden.“
“Der da ist dein Enkel, auf den du immer so stolz warst. Und ich bin deine Tochter.“
“So? Wie lange denn schon?“
“Schon immer.“
“Junge, Junge, hier kannste was erleben“, sagte sie dann verblüfft.

Sonntag, 26. März 2006

Indiana Jones in love

„Ich halte nichts von Beziehungen, die aus Extremsituationen entstehen. Das hält nicht lange.“
„Meinst du? Und warum sollte das nicht klappen?“
„Na, schau dir doch einfach mal zum Beispiel die Indiana Jones Filme an: Da hat er in drei verschiedenen Filmen drei verschiedene Partnerinnen. Denk mal drüber nach.“

Der Vorhang der Nacht

Es regnete, obwohl der Nachthimmel klar war. Die Sterne funkelten und nirgendwo war der Schatten einer Wolke zu sehen. Vielleicht war das ja alles Unsinn, dass der Weltraum unendlich war und die Sterne andere Sonnen. Vielleicht waren die Sterne ja doch Löcher in der Himmelskuppel, durch die das Urmeer hereintropfte.

Titus

Die Kollegin, mit der ich bisher kaum mehr als Begrüßungsfloskeln gewechselt hatte, holt sich einen Ausdruck aus dem Drucker neben mir ab, zögert neben mir dann unschlüssig für einen Moment, dreht sich dann zu mir und sagt: "Weißt du, ich hatte heute morgen einen komischen Traum. Da habe ich geträumt, dass ein neuer Mitarbeiter zu uns gekommen ist, der genauso aussah wie du. Aber er hieß Titus." Sie schaut mich an. "Das wollte ich dir nur sagen." Sie dreht sich um und geht schnell wieder.

There's Something About Alice

Sie hatte alle Bücher von Alice Munro gelesen, sie waren so etwas wie ihr Rettungsanker in schwierigen Zeiten gewesen. Wenn sie Trost brauchte und Abstand von ihrem Leben, versank sie in Munros Geschichten, und noch nie hatte sie Alice Munro enttäuscht. Sie hatte alle Bücher gelesen - bis auf eines. Das besaß sie auch, es stand in ihrem Schrank. Doch sie konnte sich immer beherrschen und las es nicht. Denn sie wusste: Einmal würde eine Zeit auf sie zukommen, die schwieriger sein würde als alles bevor; und dann würde sie dankbar sein, diesen einen Band von Alice Munro aus dem Schrank ziehen und darin versinken zu können. Sie wusste nichts über diesen Band, aber sie vertraute Alice Munro, dass sie sie nicht enttäuschen würde.

Mighty Aphrodite

"Ich würde sie gerne mal fragen, wie es eigentlich so ist, schön zu sein."
"Soll das ein Kompliment sein?"
"Gar nicht mal. Es würde mich schlicht interessieren, was das mit einem macht, zu wissen dass man eine Frau ist und schön. Wann ist ihr das selbst zum ersten Mal bewusst geworden? Hat sie das schon als kleines Mädchen genutzt, dass ihr niemand einen Wunsch abschlagen konnte?"

One Flew Over the Cuckoo's Nest

M. erzählte mir, dass er früher mehrere Jahre lang als Pfleger in der Psychatrie gearbeitet hatte. Regelmäßig spielte er da mit vier Alzheimer-Patienten "Mensch, ärgere dich nicht". Das war eine prägende Erfahrung - denn im Grunde war er der einzige, der sich an den Spielverlauf erinnerte. So musste er auch für die anderen mitspielen.
"Wenn ich multiple Persönlichkeiten habe", meinte M. "dann stammt das aus dieser Zeit."

Waterworld

Seit kurzem trank Martin keinen Tropfen mehr. Seit er dieses Erlebnis hatte. Früher war Martin immer gut dabei, trank nicht zu knapp und hatte auch Spaß daran. Dann aber kam ein Abend, an dem er ziemlich betrunken an der Straßenbahnhaltestelle endete. Ein Punker setzte sich neben ihn und unterhielt sich vertraut mit ihm. Das irritierte Martin nicht - bis der Punker sich nahe an ihn heranbeugte und ihn verständnisvoll fragte:
"Und? Wie lange lebst Du schon auf der Straße?"
Martin gab dem Punker alles, was er an Kleingeld dabeihatte, 1.60 Euro, stand auf und bestellte sich ein Taxi. Seitdem trank er nur noch Wasser.

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...ist ein elektronisches Sudelbuch von Bernd Michael Hartmann.

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